Das WiWö-Erprobungssystem: Kritisches Auseinandersetzen mit sich und der Umwelt
Kritisches Auseinandersetzen mit sich und der Umwelt
Spirituelles Leben bedeutet ...
- grundlegende Aspekte des Lebens, wie Emotionen, Rituale, Glaube, Ethik und Religion, erleben und sich damit auseinandersetzen,
- sich bewusst mit Fragen nach den persönlichen Werten, den eigenen spirituellen Wurzeln und dem Sinn des Lebens beschäftigen,
- sich mit der eigenen Religion und/oder Weltanschauung auseinandersetzen, sowie
- verschiedene Zugänge zu Spiritualität kennen- und respektieren lernen
Mit den folgenden Methodenvorschlägen arbeitest du mit den WiWö zu den Entwicklungsaufgaben Werteentwicklung, Spiritualität und Gemeinschaft. Spiritualität stellt ein menschliches Bedürfnis dar, das trifft natürlich auch auf deine Kinder zu.
Bei vielen der folgenden Erprobungspunkte wird dir auffallen, dass sie sich nicht typischen „Spirithemen“ wie Glaube und Religion zuordnen lassen. Dennoch schaffst du mit ihrer Umsetzung einen spirituellen und zeremoniellen Rahmen in deiner WiWö-Arbeit. Du arbeitest damit insbesondere in den Bereichen:
- Was gibt mir Halt? Was macht Vorbilder aus?
- Was sind Werte? Was ist wertvoll?
- Was macht das Besondere besonders?
- Welche Wünsche und Bedürfnisse habe ich?
- Was glaube ich, was glauben andere?
Weg zum 1. Stern[Bearbeiten]
Ich weiß, was mir Halt gibt und habe mich darüber mit anderen WiWö ausgetauscht.
Bei diesem Erprobungspunkt beschäftigen sich die WiWö mit sich selbst. Sie sollen erkennen, wer oder was für sie da ist, wenn es ihnen schlecht geht und was sie stärkt.
Methoden
Ich weiß, welche Vorbilder ich in meinem Leben habe und was ich von ihnen lernen kann.
Kinder lernen vor allem durch Nachahmung und eifern verschiedenen Vorbildern nach. Sie schwärmen für Popstars und Fußballspieler*innen. Im Alltag sind es Erwachsene oder ältere Geschwister, die für sie Vorbilder sind. Auch du kannst für deine WiWö ein Vorbild sein. In spiritueller Hinsicht folgen wir ebenfalls Vorbildern. Manche leben uns besondere Nächstenliebe vor. Andere zeigen Zivilcourage, sind besonders wissbegierig oder weise.
Methoden
Ich habe einen besonderen Moment / ein besonderes Erlebnis mitgestaltet.
„Kinder erinnern sich nicht an ihren schönsten Fernsehtag” - dieser Spruch hat sich im Internet schnell verbreitet. Wir Pfadfinder*innen arbeiten mit vielen Zeremonien, die die Kinder in Erstaunen versetzen und das Gemeinschaftsgefühl stärken. Im Vergleich zum „Weg zum Versprechen” treffen die Kinder hier jedoch bewusst die Entscheidung, dieses Erlebnis für sich und andere mitzugestalten. Sie sind nicht zufällig dabei und keine bloßen Beobachter*innen mehr.
Methoden
Weg zum 2. Stern[Bearbeiten]
Ich überlege, was für mich in meinem Leben wertvoll ist und gestalte etwas dazu.
Kinder erlernen erst nach und nach ein festes Wertegerüst. Dinge, die ihnen heute wichtig erscheinen, können morgen bereits wieder vergessen sein (z.B. das Lieblingsspielzeug). Bei diesem Erprobungspunkt geht es darum, diese Werte sichtbar zu machen. Das können Zeichnungen, aber auch Fotos oder Geschichten sein. Besonders spannend und herausfordernd ist eine Beobachtung über einen längeren Zeitraum, über den sich eine Veränderung zeigt.
Methoden
Ich habe einem anderen WiWö einen Wunsch erfüllt.
Viele freuen sich über Geschenke, die sie überraschen. Oft sind das Dinge, die wir uns selber nicht gönnen würden. Es geht dabei keinesfalls nur um materielle Wünsche. Das wird im Weg zum 2. Stern-Heftchen auch ganz deutlich gemacht.
Methoden
Ich habe mich mit zwei Religionsgemeinschaften beschäftigt und berichte darüber.
Viele deiner Kinder werden einer Religionsgemeinschaft angehören. Die PPÖ sehen sich als Organisation, in der Angehörige verschiedener Religionsgemeinschaften und Glaubensrichtungen Platz finden. Es ist daher selbstverständlich, dass wir allen Religionen offen begegnen und uns damit auseinandersetzen. Für diesen Erprobungspunkt müssen deine Kinder keiner Glaubensgemeinschaft angehören, sich aber eingehender mit dem Thema Religion beschäftigen. Der Bericht kann dabei ganz unterschiedlich ausfallen: ein Plakat, eine Erzählung für die anderen WiWö oder vielleicht sogar eine kleine Feier.
Methoden
- Feste feiern
Feiert gemeinsam ein Fest aus einer Religionsgemeinschaft, die euch allen unbekannt ist (etwa ein Feuerfest der Maori) oder lernt ein Lied aus einer solchen Religionsgemeinschaft.
- Memory der Religionen
- Besichtigung
Macht einen Ausflug zu einer örtlichen Religionsgemeinschaft und lasst euch vor Ort erklären, was die wichtigsten Feste sind, wie das Gotteshaus heißt oder welche besonderen Rituale es gibt.
Spezialabzeichen[Bearbeiten]
Menschenfreundin / Menschenfreund Bei diesem Spezialabzeichen geht es um die Beziehungen zwischen Menschen: was verbindet uns, was trennt uns vielleicht, was haben wir gemeinsam, was macht uns einzigartig? Es soll zeigen, dass eine vielfältige Gesellschaft, in die sich alle einbringen können, ein Vorteil ist, und Toleranz und Offenheit den Frieden sichern. Auch Diskriminierung sollte thematisiert werden.
Denke bei der Umsetzung an Dinge wie:
- Gebärden lernen und vorstellen
- einem schwächeren Kind (z.B. in der Klasse) oder einem kranken Menschen längere Zeit helfen
- ein Plakat gestalten, welche Hobbys die Mitglieder der Meute haben oder wo ihre Wurzeln sind
- mit den anderen WiWö ein Gericht aus einem anderen Land kochen und gemeinsam essen
- Ungerechtigkeiten in der Welt thematisieren (z.B.: die Welt als Dorf)
Philosophin / Philosoph Dieses Spezialabzeichen ist für Kinder, die gerne nachdenken, Fragen stellen und versuchen wollen darauf verschiedene Antworten zu finden. Es geht um das Philosophieren mit Kindern. Das inkludiert hinter die Dinge zu blicken, neugierig zu sein, kritisch zu sein oder auch zu versuchen, zu konkretisieren. Es geht darum Geschichten zu analysieren, Gespräche zu führen (und deren Regeln zu beachten) und dem anderen oder der anderen aktiv zuzuhören.
Dazu einige Impulse:
- Jede Woche einen Brief mit einer Frage bekommen, mit der sich das Kind die folgenden Tage beschäftigt
- Etwas basteln oder kneten das für das Kind den Begriff Zeit darstellt, darüber sprechen was Zeit ist und wann sie wichtig bzw. unwichtig ist
- Einen Tag ohne Uhren verbringen: Was war anders, was war schwierig, was war leichter, wie hat es sich angefühlt?
- „Frederick“ von Leo Lionni: Geschichte lesen, alle Figuren als Sockenpuppen basteln (auch die Sonnenstrahlen usw.). Die Geschichte als Puppentheater vorspielen und danach mit den WiWö Fragen dazu überlegen, z.B. „Kann man Sonnenstrahlen essen...“.
- Activity oder Dingsda mit Begriffen wie z.B. Freundschaft, Liebe usw.
- Bilderbuch der schönen Wörter (Bilderbuch malen mit der Darstellung von Begriffen wie Vertrauen, Schönheit, Wärme ...)
- gute Infos und Methoden gibt es auch unter: www.kids-phil.at (Menüpunkt „Archiv“)
Religionsforscherin / Religionsforscher Dieses Spezialabzeichen ist für Kinder geeignet, die sich intensiver mit einer Religion befassen wollen. Die gewählte Religion sollte nicht dem eigenen Bekenntnis entsprechen, damit ist das Spezialabzeichen auch für Kinder ohne religiöses Bekenntnis geeignet. Es geht bei diesem Spezialabzeichen auch darum, Neues kennenzulernen und sich möglicherweise unbekannten neuen Kulturen zu öffnen. Es soll auch zeigen, wie vielfältig Glaube sein kann, aber auch wie stark sich viele Glaubensrichtungen ähneln.
In der Umsetzung sollte daher ein Wissensteil vorkommen (also etwa den Namen des Gottes, des Gotteshauses oder hohe Feiertage zu kennen). Zusätzlich sollte eine Vorstellung den anderen WiWö gegenüber Teil des Spezialabzeichens sein.
Für die Umsetzung eignen sich:
- Quiz
- Interview (z.B. mit einer*einem Vertreter*in einer anderen Religion)
- 1, 2 oder 3
- Besuch eines Gotteshauses und Fotostory dazu
- Foto- oder Bildercollage
- ein Plakat
- den anderen WiWö eine besondere Geschichte aus der Glaubensrichtung erzählen oder nachspielen
- eine besondere Geschichte aus einer Glaubensrichtung erzählen
- Essensvorschriften bzw. besondere Speisen aus einer Religion zum Verkosten mitbringen und erklären können
- Gemeinsamkeiten zwischen Religionen darstellen (z.B.: die Goldene Regel)
Zeremonienmeisterin / Zeremonienmeister Dieses Spezialabzeichen eignet sich für jene Kinder, denen andere im Schwerpunkt „Spirituelles Leben“ vielleicht zu kopflastig sind. Es verbindet den spirituellen Charakter des Schwerpunktes mit der praktischen Umsetzung von konkreten Aktivitäten. Kinder sollen hier konkret in die Ausgestaltung von Momenten durch die Leiter*innen eingebunden werden. Dabei sind sowohl die Konzeption (was haben andere von dieser Aktivität, was geht dabei in ihnen vor) als auch die praktische Umsetzung (Material, Aufbau, Wegräumen, eventuell Dokumentation) notwendige Bestandteile.
Aktivitäten könnten sein:
- Fantasiereisen auswählen und erklären können
- einen Lagerrückblick mitplanen und Teile davon erklären, die schönsten Lagermomente auswählen
- einen Lagergottesdienst mitplanen und ein Altartuch mitgestalten
- den Weg zum Versprechen als Lichterspirale bauen
- eine Leiter*innen-Verabschiedung mitplanen
- ein Versprechenspate oder eine Versprechenspatin sein und einen neuen WiWö durch das Versprechen begleiten