Fachwissen für WiWö-Leiter*innen: Zeremonien, Rituale und Traditionen
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Zeremonien, Rituale und Traditionen[Bearbeiten]
Die Pfadfinder*innen-Methode unterscheidet die pädagogische Arbeit der Pfadfinder*innen von jener anderer Kinder- und Jugendorganisationen. Eines ihrer Elemente ist der „Symbolische Rahmen”. Darin bieten wir den Kindern identitätsstiftende Zeremonien, Rituale und Traditionen. Wir machen unser Programm damit einzigartig, gleichzeitig schaffen wir aber auch einen Rahmen für das Ausprobieren von neuen Rollen und Möglichkeiten und fördern die Kreativität. Unser Symbolischer Rahmen stärkt den Zusammenhalt in der Gruppe, bringt Verbundenheit und bietet den WiWö immer wieder Fixpunkte im Programm, die sie wiedererkennen und die ihnen Sicherheit geben.
Zeremonien sind sichtbare Zeichen der Veränderung im Volk/in der Meute. Das kann das Entscheiden für diese Gemeinschaft (Versprechen geben) oder der Austritt und Abschied (Überstellung/ Stufenwechsel) aus ihr sein. Aber auch jedes Weiterkommen, jeder Erfolg eines Kindes soll von allen anderen wahrgenommen und dann gefeiert werden, wie die Verleihung von Sternen oder Spezialabzeichen.
Der eigentliche Zweck einer Zeremonie ist es also, die Bedeutung eines erreichten Zieles und/oder eines Engagements für die Gemeinschaft festlich hervorzuheben. Dadurch gehen sie auf das kindliche Bedürfnis nach Anerkennung durch Gleichaltrige ein.
Die Grundelemente einer Zeremonie sind
- die Einleitung (der Grund der Zeremonie, Geschichte aus dem Waldenland/Dschungel, das Schaffen der Atmosphäre)
- der Höhepunkt (den Schritt des Kindes verdeutlichen)
- der Abschluss (das Erleben der Gemeinschaft, neue Position des Kindes verdeutlichen)
Eine Zeremonie setzt sich meist aus Ritualen und WiWö- oder Gruppentraditionen zusammen. An den Beispielen dieses Kapitels wirst du erkennen, welche Vielfalt es gibt und welche Möglichkeiten sich dir bieten.
Tradition ist in unserem Fall die Weitergabe von speziellem Wissen, besonderen „Geheimnissen“, Gepflogenheiten oder Fertigkeiten. Wir unterscheiden in diesem Behelf zwischen WiWö- und Gruppentraditionen. Ein besonderes Merkmal einer Tradition ist, dass sie vielfach nur mündlich überliefert wird und verloren geht, wenn sich niemand um ihre Verbreitung und Wahrung kümmert. Was die WiWö-Traditionen anbelangt, werden wir einige in diesem Kapitel beschreiben. Die meisten davon erstrecken sich auf ganz Österreich. Außerhalb existieren gerade bei den Kinderstufen aber große Unterschiede.
Gruppentraditionen sind meist nur in den Köpfen Einzelner vorhanden und daher von deren Engagement und Weitergabe abhängig.
Traditionen und Rituale kritisch sehen – Sicherheitshalber![Bearbeiten]
Nachstehend haben wir dir die wesentlichsten Elemente des „WiWö-Kulturgutes“ zusammengestellt, sofern wir sie nicht schon im Kapitel „Waldenland und Dschungel – Unsere Rahmengeschichten“ beschrieben haben.
Wichtig ist, dass du Traditionen nicht einfach um ihrer selbst willen weitergibst, sondern kritisch betrachtest, welche Inhalte sie transportieren. So wichtig Geheimnisse für die Kinder unserer Stufe sind, so wichtig ist es auch, dass unser Symbolischer Rahmen Sinn ergibt und in einem großen Zusammenhang steht. Alle Zeremonien müssen darüber hinaus alters- bzw. kindgerecht sein. Große Symbolik und abstrakte Worte sind hier fehl am Platz. Setze daher lieber öfter und vor allem regelmäßige kleinere Rituale und Zeremonien ein, als beispielsweise alles in eine ausschweifende Versprechensfeier zu packen.
Achte bei Zeremonien besonders auf Folgendes:
- Jedes zu ehrende Kind kann daran ruhig und angstfrei (vor eventuellen Pannen gefeit) teilnehmen und sich ganz auf den Inhalt der Feier, und nicht auf einzelne Worte oder Bewegungen, konzentrieren.
- Alle anderen Kinder tragen - richtig eingestimmt – durch ihre Einbindung in die Zeremonie das Ihre bei.
- Wenn Gäste anwesend sind, müssen auch diese um die Bedeutung der Zeremonie bereits Bescheid wissen, um dann den Verlauf nicht zu stören. Das ist besonders für Versprechensfeiern wichtig. Wir empfehlen dir, diese Zeremonie nur innerhalb deines Volkes/ deiner Meute zu gestalten, und dann bei der nächsten gemeinsamen Gruppenaktivität die neuen Mitglieder eurer Pfadfinder*innengruppe vorzustellen. Filmende oder fotografierende Eltern sind oft sehr störend, weil sie die Kinder ablenken.
Manche Traditionen tendieren dazu, nach einigen Jahren nicht mehr zeitgemäß zu sein. Sie sollten daher immer wieder einmal kritisch betrachtet werden. Diese vier Fragen können dir bei der Beurteilung der Tradition helfen:
- Unterstützt die Tradition eine der Entwicklungsaufgaben?
- Steht sie neutral zur Entwicklung von Kindern?
- Hemmt sie die Kinder in ihrer Entwicklung?
- Warum gibt es die Tradition noch bei euch?
Wenn ihr Frage 3 bejaht und auf Frage 4 keine rechte Antwort wisst, könnte es an der Zeit sein, die Tradition zu verändern oder durch eine neue zu ersetzen.
Wir haben in diesem Kapitel einige Beispiele von Traditionen beschrieben, die wir aktuell als zeitgemäß erachten und dir daher zum Einsatz empfehlen können.
Eine Zeremonie durchführen[Bearbeiten]
Vorüberlegungen[Bearbeiten]
Der richtige Zeitpunkt für eine Zeremonie ist dann, wenn das Kind bereit und gut vorbereitet ist. Der Zeitpunkt eines Versprechens, einer Verleihung soll für das Kind möglichst bald nach Erfüllung aller Voraussetzungen erfolgen. Daher musst du in deiner Jahresplanung darauf achten, dass geeignete Gelegenheiten wie Ausflüge, Wochenendlager oder besondere Heimstunden über das ganze Pfadfinder*innenjahr so gelagert sind, dass kein WiWö zu lang auf eine Zeremonie warten muss. Auch wenn ein Kind zum Zeitpunkt seiner Feier erkrankt sein sollte, musst du nach einer anderen guten Möglichkeit suchen. Es ist keine gute Idee, Zeremonien als Last-Minute-Programm an das Ende eines Heimabends/Ausflugs/Lagers zu legen, weil nicht mehr alle in Ruhe daran teilnehmen können oder auch dann schon nicht erwünschte Zuschauer*innen dabei sind. So eine Zeremonie soll ja ein Höhepunkt auf dem Weg der WiWö sein.
Ort[Bearbeiten]
Der passende Ort für unsere Zeremonien ist sicher im Freien, mitten in der Natur oder an einem besonderen Ort. Auch hier wirst du einiges vorher abklären:
- Zeremonien im Freien bedeuten nicht, 20 oder 30 Minuten in der prallen Sonne, im Regen, bei Schnee oder Minusgraden, oder umgeben von Gelsen- oder Mückenschwärmen.
- Jedes Kind wird sich aber gern an eine Zeremonie in einer Mondnacht, bei einem Sonnenuntergang oder strahlenden Sonnenaufgang erinnern.
- Kleine Kapellen oder Kirchen, Schlösser, Burgen, Ruinen, etc. können auch einen schönen, unvergesslichen Rahmen bilden.
Eher ungeeignet ist ein öffentlicher Platz in der Stadt oder auch ein Park, weil die Zeremonie etwas ganz Eigenes und Besonderes ist und dort die intime Atmosphäre fehlt. Neugierige Zuschauer*innen können die Zeremonie empfindlich stören. Außerdem sind diese Feiern keine Bühnenstücke für andere, und die Kinder zu diesem Zeitpunkt keine Schauspieler*innen oder Zuschauer*innen bei einer Show.
Um die Zeremonie als „Gesamtkunstwerk“ zu gestalten, ist hier eine Checkliste:
- Alle ziehen sich „festlich“ an. Das kann die Uniform, aber auch ein selbst gebastelter Kopfschmuck sein.
- Alle Dinge (Totems, Fahnen, Abzeichen, Halstücher, Urkunden, ...) die für die Zeremonie wichtig sind, sind griffbereit vorbereitet.
- Alle beteiligten Leiter*innen und WiWö wissen um den genauen Ablauf: was sie tun, wohin sie sich stellen... Das verhindert jede Peinlichkeit.
- Notwendige Gäste wie z.B. Gruppenleiter*innen, Leiter*innen anderer Stufen usw. sind alle eingeladen und du überprüfst, ob sie sicher pünktlich kommen können.
- Der Ablauf beinhaltet eine gewisse Dynamik, damit die Zeremonie zwar feierlich, aber nicht als stimmungstötend empfunden werden kann.
- Der ganze Ablauf ist ein fortlaufender Prozess, mit verständlichen Übergängen, ohne störende Unterbrechungen. Dazu braucht es aber keine*n Zeremonienmeister*in.
- Die Kinder sind auf ihre Bezugsperson – also auf dich - fixiert. Alle Leiter*innen sollen sich ihre Worte im Vorfeld genau überlegen und mit den anderen absprechen.
- Während der Zeremonie werden gut geübte, passende Lieder gesungen. Das Singen fördert nicht nur das Mitmachen aller, sondern hilft auch, sich dann wieder besser konzentrieren zu können.
- Alle WiWö sind in die Zeremonie eingebunden: Alle sollen mitsingen können, applaudieren, rufen, etc., und Gelegenheit zu fröhlicher Aktivität haben.
Durchführung[Bearbeiten]
Drücke dich bei der Durchführung der Zeremonie verständlich und natürlich aus. Die Zeremonie soll feierlich, aber nicht aufgesetzt wirken. Auch hier wieder einige Punkte, die du berücksichtigen sollst:
- Verwende nur einfache Symbole.
- Deine WiWö dürfen sich natürlich bewegen.
- Verwende eine einfache, natürliche Sprache (kein Theater!).
- Lächle und deine Freundlichkeit überträgt sich auf die WiWö. Sie fühlen sich sicher und froh. Lass die Zeremonie aber trotzdem ernsthaft wirken.
Tradition zum Mitmachen[Bearbeiten]
Zeremonien und Rituale stärken das Gefühl der Zusammengehörigkeit. Das können sie aber nur dann, wenn auch wirklich alle das Ritual verstehen und mitmachen können. Stell daher sicher, dass alle deine WiWö Bescheid wissen, was jetzt kommt und biete ihnen als Leiter*in Unterstützung beim Mitmachen. Das Besondere an Ritualen und Zeremonien ist auch das Geheimnisvolle („Das kennen nur Eingeweihte” oder „Das wirst du dann erleben”). Aber genau dieser Aspekt ist es, der bei Kindern manchmal Angst verursacht. Versuche hier, die richtige Balance zwischen Zauber und Sicherheit zu finden.
Schnell kann es passieren, dass aus dem Morgenlied am Lager ein neues Gruppenritual wird oder die von den WiWö gebackenen Muffins bei der Versprechensfeier so gut ankamen, dass ihr sie ab jetzt immer serviert. Lass das ruhig zu: Neue Rituale bereichern das Gemeinschaftsleben, und der Anstoß dazu kann natürlich auch von den WiWö selbst kommen.