Zeremonien, Traditionen und Rituale bei den CaEx
Im Pfadi-Alltag begegnen uns immer wieder Zeremonien, Traditionen und Rituale. Besonders bei den CaEx sind das wunderbare Methoden, um den Entwicklungsaufgaben zuzuarbeiten, Zugehörigkeit zu fördern und Werte zu vermitteln. Dazu ist es wichtig, sie „punktgenau“ und mit „Fingerspitzengefühl“ anzuwenden, denn es gibt nichts Langweiligeres für deine Caravelles und Explorer als eine öde, hohle Zeremonie, zu der sie keinen Bezug haben oder deren Relevanz sie nicht verstehen.
Zeremonien, Traditionen oder Rituale – Ist das nicht dasselbe?[Bearbeiten]
Kurz gesagt: Nein. Obwohl sich, je nachdem wo du nachschlägst oder recherchierst, teilweise einige Parallelen finden lassen, aber eben auch Unterschiede. Es wird meist eine gewisse Schnittmenge geben, die eine „scharfe“ Abgrenzung sehr schwer macht. Deswegen können dir als Jugendleiter*in die folgenden Erklärungen vielleicht ein paar Anhaltspunkte geben, wie Zeremonien, Traditionen und Rituale für uns bei den CaEx angewendet werden können und du einen nachhaltigen Mehrwert erreichst.
Zeremonie(n) – der Masterkey?[Bearbeiten]
Unser Pfadialltag ist voll von Zeremonien. Du musst nicht lange überlegen bis dir klassische Zeremonien wie zum Beispiel das Versprechen, bzw. die Versprechenserneuerung, Verleihungen, Morgengruß, Lagerfeuer, Jahresabschluss, uvm. in den Sinn kommen.
Alle Pfadfinder*innen wachsen wir also mit einer Vielzahl von Zeremonien auf, die einfach zu unserem Leben in der Gemeinschaft dazugehören. Ein Beispiel dafür ist die Art und Weise, wie wir uns die linke Hand zum Pfadfindergruß reichen. Sie wird unter Pfadfinder*innen weltweit verstanden. Du als Jugendleiter*in solltest diese Zeremonien mittragen, mitgestalten und auf einer „Metaebene“ sehen, du sollst also ihre Zwecke kennen bzw. hinterfragen und sie bewusst einsetzen.
Viele Zeremonien haben Gemeinsamkeiten die es sich lohnt zu kennen und im Hinterkopf zu behalten, dazu gehören zum Beispiel ein feierlicher Rahmen, meist Personen und/oder Personengruppen, die im Mittelpunkt der Feierlichkeit stehen, usw. Generell lässt sich sagen, dass Zeremonien die Bedeutung von Situationen unterstreichen sollen.
Zeremonie(n) – wie funktioniert es?[Bearbeiten]
Ein zentrales Thema – ein Ziel[Bearbeiten]
Jede Zeremonie hat ein zentrales Thema, eine Botschaft soll den TeilnehmerInnen „rübergebracht werden.“ Wichtig ist, dass alle Dinge, die in der Zeremonie geschehen, auf die Entwicklung dieses zentralen Themas hinarbeiten. Dieses Thema muss auf eine Gruppe bzw. genauer auf eine Situation in einer Gruppe abgestimmt werden.
Die Liste der möglichen Themen ist unerschöpflich lang, denn fast jedes Thema kann durch eine Zeremonie transportiert werden. Die Zeremonie muss (natürlich) von Ort, Teilnehmer*innen und Botschaft auf das Thema abgestimmt sein.
Die Mitwirkenden[Bearbeiten]
Zeremonien kommen am besten an, wenn die Beteiligten stark eingebunden werden – geistig und emotional. Eine Zeremonie wird für die Teilnehmer*innen und nicht als Selbstzweck durchgeführt. Deshalb müssen auch die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Teilnehmer*innen berücksichtigt werden.
Ort, Zeit und Special Effects[Bearbeiten]
Tag oder Nacht, im Pfadiheim, in der Natur oder in einer romantischen, verfallenen Burgkapelle – es ist klar, dass diese Einflüsse den Erfolg der Zeremonie wesentlich mitbestimmen. Dass die Auswahl dieser Elemente vom Ziel der Zeremonie abhängig ist, versteht sich von selbst.
Hier noch ein paar Tipps bezüglich Ort:
- möglichst wenige Störungen von Außen
- alle Teilnehmer sollen gute Sicht haben
- passend für die Gruppengröße
- Bequemlichkeit für alle Teilnehmer (wenn deine CaEx gerade einen Bergrücken runterrollen, können sie sich nicht auf das konzentrieren, was vorgeht.
Special Effects[Bearbeiten]
Gerüche von Duftölen, ein brennender Pfeil, der über einen Draht gelenkt ein Lagerfeuer anzündet, etc. können ein weiteres an Wirkung erzielen; klarerweise darf die Zeremonie nicht zur Technik-Show mutieren.
Musik[Bearbeiten]
Musik, speziell wenn selbst gesungen wird, kann Stimmungen stark beeinflussen. Auch Musik aus der Konserve kann sich als nützlich erweisen (Hintergrund für Stimmungen). Die eingesetzte Musik muss im Vorhinein sorgfältig geplant werden und auf das Ziel der Zeremonie hin ausgewählt werden.
Sicherer Ablauf[Bearbeiten]
Die Zeremonie soll ohne Pannen und Aussetzer ablaufen. Der*die „Zeremonienmeister*in“ muss dafür alles was er für die Zeremonie benötigt, bei der Hand haben und wissen, wann im zeitlichen Ablauf welcher Punkt folgt.
Wenn Inputs von den Teilnehmer*innen (z.B. eigene Gedanken zu einem Thema) eingebaut sind, ist es wichtig, dass dafür ausreichend Zeit eingeplant ist.
Gerade wenn „Special Effects“ eingebaut werden, sollte die Zeremonie vor Ort geprobt werden. Nichts stört so sehr, wie wenn etwas nicht funktioniert und dadurch der Fluss und die Stimmung der Zeremonie unterbrochen werden.
Zeremonie(n) – wie funktioniert es NICHT?[Bearbeiten]
Starre Zeremonien[Bearbeiten]
Zeremonien müssen mit der Zeit gehen und deren Bedeutung hinterfragt werden. Es ist gut möglich, dass Zeremonien zu Traditionen „mutieren“ – der Inhalt wird nicht so transportiert, dass er die Zielgruppe erreicht; die ursprüngliche Bedeutung ist nicht mehr oder nur mehr Wenigen bekannt. Solche Traditionen können sehr rasch zum Austragungsort der „Rebellion der Jüngeren gegen die Älteren“ werden, weil sie zwar vielleicht traditionell, aber sinnentleert ist.
Unnötige Länge und Dramatik[Bearbeiten]
Kurz und einfach halten! Keine unnötig langen Ansprachen. Eine Zeremonie wirkt am Besten, wenn sie die Dinge auf den Punkt bringt. Eindrucksvoll, würdig, angepasste Dauer, ernst – das sind die richtigen Schlagworte für einen Erfolg.
Keine Abwechslung[Bearbeiten]
Bringe Abwechslung in die Zeremonien! – Wenn die gleiche Überstellung jedes Jahr verwendet wird (egal wie gut sie ist), so verliert die Sache bald an Reiz. Die Zeremonie muss sich mit den Teilnehmern entwickeln können – unterschiedliche Gruppen/Trupps/Patrullen verlangen unterschiedliche Elemente in der Zeremonie.
Zeremonien sollen nicht starr sein, sie sind ständigem Wandel unterzogen, weil sich Werte und Bedürfnisse (vor allem bei deinen CaEx) verändern.
Zeremonie(n) – Checkliste[Bearbeiten]
Die Checkliste soll dir neben einer kurzen Zusammenfassung der wesentlichen Elemente, für die Planung deiner kommenden Zeremonien helfen:
- Ziel
- Thema und Message
- Umgebung, Tageszeit (allgemein - wichtig für die passende Stimmung)
- Wann, Wo, Wie Lange
- benötigtes Material, eventuelle „Special Effects“
- Aufgabenverteilung, Teilnehmer
- Einstieg
- Ablauf
- Ende
- Wie ist’s gelaufen (Reflexion – zum Ablegen und Dokumentieren)
Tradition(en) – verstaubte Zeitverschwendung oder Mehrwert für CaEx?[Bearbeiten]
Traditionen haben meist einen sehr hohen emotionalen Stellenwert, da sie auch oft historisch innerhalb einer Gemeinschaft gewachsen sind. Ein häufig zitierter Satz von Thomas Morus (1478-1535), in diesem Zusammenhang ist: „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“.
Innerhalb der Pfadfinderei gibt es eine Vielzahl an Traditionen, die natürlich auch auf die eine oder andere Art abweichen. Mit Traditionen möchte man meist die Weitergabe „der Flamme“, also gewissen Wertvorstellungen erreichen. Wenn man möchte könnte man es auch als die Weitergabe von Erfahrungen, Fähigkeiten, Kenntnissen und Einsichten an die Nachfahren sehen. Meist werden Traditionen hauptsächlich durch „Ältere“ Mitglieder einer Gemeinschaft hochgehalten, da es ihnen eine Herzensangelegenheit ist, etwas „bleibendes zu hinterlassen“ und den „Jungen“ etwas „mit auf den Weg zu geben“. Es liegt in der Verantwortung aller Beteiligten der Gemeinschaft das Mittel der Tradition wertzuschätzen, es in vernünftigem Maße einzusetzen, und dennoch für Adaptionen selbiger offen zu sein, ohne es über Bord zu werfen. Vor allem für Außenstehende, oder „jüngeren“ Mitgliedern einer Gruppe ist es oft schwerer den Wert von Traditionen für eine Gemeinschaft zu erkennen. Egal wie du es betrachtest, oder wie du persönlich zu gewissen Traditionen stehst, gehe bitte, aufgrund des extrem hohen emotionalen Stellenwertes, achtsam und emphatisch mit diesem Thema um.
Tradition(en) – was steckt dahinter? – Ein Beispiel aus der Praxis[Bearbeiten]
Stell dir bitte folgende Situation vor: Du bist mit deinen CaEx auf Gruppensommerlager, der Abend bricht herein und alle sind in freudiger Erwartung des Lagerfeuers mit Verleihungen (Zeremonie), Liedern, Singspielen und Geschichten. Meist findet sich ein*e „Moderator*in“ (Zeremonienmeister*in) für das Lagerfeuer. Die ersten Sitzgelegenheiten werden aufgestellt, das Lagerfeuer wird entzündet. Die letzten GuSp waschen noch ihre Teller fertig ab, räumen sie in die Zelte und gleichzeitig werden die ersten Noten des Jamboree Liedes von Bad Ischl angestimmt….. Plötzlich wird jedem klar, vom kleinsten Wichtel bis zum ältesten Rover, das Lagerfeuer hat begonnen. Alle versammeln sich rasch….. Wie immer….. Spätestens bei diesen ersten Noten ist allen Teilnehmer*innen dieser Gruppe klar, das Lagerfeuer ist offiziell eröffnet. Warum? „Na weil das Jamboree Lied gesungen wird.“….. eine klassische Tradition.
Traditionen geben Kindern und vor allem deinen Jugendlichen halt. Sie können Fixpunkte zur Orientierung sein, die Ihrem Alltag Struktur geben und gleichzeitig Werte vermitteln. In unserem obigen Beispiel wird es sinnvoll sein, hin und wieder auch am Lagerfeuer zu erklären, warum ein „altes Lied“ (1951) gespielt beziehungsweise gesungen wird. In diesem Fall könnte es womöglich der Hinweis auf die lange Geschichte der Pfadfinderei sein, das Verknüpfen von Generationen die dieses Lied schon gesungen haben, Stärkung der Bindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. --> Wertevermittlung
Ritual(e) – Was ist das und wo gehört das hin?[Bearbeiten]
Rituale sind meist in sich abgeschlossene, festgelegte Handlungen innerhalb einer Tradition oder Zeremonie. Das klingt zunächst sicher ein wenig hochtrabend, aber wenn man es genauer betrachtet sind wir einige Rituale schon so gewohnt, dass sie eigentlich „einfach dazugehören“.
Durch Rituale werden Handlungen vorgegeben, Klarheit geschaffen und Fixpunkte bzw. „Meilensteine“ markiert. Vielleicht hilft auch hier ein Beispiel, um es ein wenig greifbarer zu machen:
Ritual(e) – ein elementarer Baustein in der Praxis[Bearbeiten]
Denke bitte an eine Zeremonie – Überstellung (siehe dazu auch Kapitel Überstellung).
Hier kann es zum Beispiel im Rahmen der Überstellungszeremonie das Ritual geben, dass neue Mitglieder des Trupps einen Nagel bis zur Hälfte in einem Hackstock einschlagen. Als Symbol der Zugehörigkeit, Teil des Trupps und angekommen zu sein. Spätestens beim letzten Schlag ist er*sie vollwertiges Mitglied des Trupps.
Wenn nun jemand den Trupp verlässt, kann das Ritual fortgesetzt werden: der*die zu überstellenden CaEx, schlagen nun ihren persönlichen Nagel vollends ein, wenn sie den Trupp verlassen. Sie sind nun nicht mehr aktives Mitglied des CaEx Trupps, haben aber etwas hinterlassen und auch hier gilt: Ist der Nagel komplett versenkt, sind sie keine CaEx mehr.
Das obige Praxisbeispiel zeigt die Bedeutung von Ritualen für CaEx. Es schafft Klarheit, bietet einen Rahmen innerhalb von Zeremonien oder aber auch im Pfadi-Alltag. Du als Jugendleiter*in hast bestimmt noch viele Ideen für andere Rituale, die du gemeinsam mit deinen CaEx entwickeln und pflegen kannst.