Fachwissen für WiWö-Leiter*innen: Die Pädagogik der WiWö-Stufe
Die Pädagogik der WiWö-Stufe
Jedes Kind ist eine individuelle Persönlichkeit und wir müssen uns Zeit nehmen, jedes einzelne Kind auch wirklich kennen zu lernen. Dennoch gibt es verschiedene Eigenschaften, die bei vielen Kindern ähnlich sind. Auch die Entwicklungsschritte, die Kinder im WiWö-Alter üblicherweise durchlaufen sind oft ähnlich. Diese Grundlagen wollen wir uns in diesem Kapitel anschauen.
Psychologie, auf Deutsch die „Seelenkunde”, ist die Lehre vom seelischen Leben. Das ist das, was uns zu Menschen macht mit all seinen Gegebenheiten, Abläufen und deren Zusammenhängen. Die Entwicklungspsychologie beschäftigt sich mit dem seelischen Leben von Kindern und Jugendlichen. Diese Zeit der Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen ist besonders interessant, weil dabei viele wichtige Schritte passieren. Daher gibt es dafür eine eigene Zweigwissenschaft, die Entwicklungspsychologie eben.
Die Psychologie ist auf den ersten Blick vielleicht eine schwierige Wissenschaft, weil Fachleute sie mit vielen Fachwörtern beschreiben. Für uns bedeuten ihre Forschungsergebnisse aber auch Unterstützung und Hilfe. Sie helfen dabei zu verstehen, warum uns bestimmte Ereignisse im Leben der WiWö auf die eine oder andere Weise berühren. Sie geben uns aber auch immer wieder neue Blickwinkel und Impulse für die Arbeit mit den WiWö.
Natürlich ist die Psychologie der WiWö-Stufe auf die Praxis und nicht auf die Theorie ausgerichtet. Unsere Aufgabe ist es nicht neue Wörter einzuführen und Theorien aufzustellen. Wir rollen die Ärmel hoch und setzen uns mit unseren WiWö in die Sonne. Wir arbeiten und spielen mit ihnen, hören ihnen zu und erzählen ihnen etwas. Während dieser ganzen Zeit beobachten wir sie (Look at the boys/girls!), um zu erfahren, was ihnen guttut und ob ihnen etwas Kummer bereitet. Wir beobachten, wundern uns, denken darüber nach und finden oft heraus, warum das alles so ist. Genau in diesem Bereich kann uns psychologisches Fachwissen unterstützen: Wir können uns Tipps und Erklärungen holen oder erlangen neue Sichtweisen. So sammelst du immer mehr Wissen und Erfahrung, verlierst aber nicht aus den Augen, dass jedes Kind etwas Besonderes ist und seine Besonderheiten hat.
Unser Angebot bei den WiWö ist keine reine Freizeitbeschäftigung, sondern beruht auf dem pädagogischen Konzept. Pädagogisch richtig (verantwortungsbewusst) handeln heißt, dass
- du versuchst deine WiWö zu verstehen, um zu wissen, wie es ihnen geht und was sie brauchen. Du musst die Kinder dort abholen, wo sie gerade in ihrer Entwicklung stehen: Wenn dein Programm zu schwierig ist, werden die Kinder überfordert sein, wenn du es zu leicht gestaltest, werden sie sich langweilen.
- du ein Ziel vor Augen hast; d.h. dass du weißt, was dein pädagogisches Handeln bezwecken soll, wobei und wie du deine WiWö beim Heranwachsen unterstützen kannst.
Beide Punkte kannst du gut berücksichtigen, wenn du mit der Pfadfinder*innenmethode und dem Erprobungssystem arbeitest und dein Programm ganzheitlich planst.
Pädagogisches Handeln heißt also: Lernfelder schaffen, in denen jedes Kind seine Entwicklungsaufgaube bearbeiten kann. Natürlich ist die Psychologie der WiWö-Stufe auf die Praxis und nicht auf die Theorie ausgerichtet. Unsere Aufgabe ist es nicht neue Wörter einzuführen und Theorien aufzustellen. Wir rollen die Ärmel hoch und setzen uns mit unseren WiWö in die Sonne. Wir arbeiten und spielen mit ihnen, hören ihnen zu und erzählen ihnen etwas. Während dieser ganzen Zeit beobachten wir sie (Look at the boys/girls!), um zu erfahren, was ihnen guttut und ob ihnen etwas Kummer bereitet. Wir beobachten, wundern uns, denken darüber nach und finden oft heraus, warum das alles so ist. Genau in diesem Bereich kann uns psychologisches Fachwissen unterstützen: Wir können uns Tipps und Erklärungen holen oder erlangen neue Sichtweisen. So sammelst du immer mehr Wissen und Erfahrung, verlierst aber nicht aus den Augen, dass jedes Kind etwas Besonderes ist und seine Besonderheiten hat.
Unser Angebot bei den WiWö ist keine reine Freizeitbeschäftigung, sondern beruht auf dem pädagogischen Konzept. Pädagogisch richtig (verantwortungsbewusst) handeln heißt, dass
- du versuchst deine WiWö zu verstehen, um zu wissen, wie es ihnen geht und was sie brauchen. Du musst die Kinder dort abholen, wo sie gerade in ihrer Entwicklung stehen: Wenn dein Programm zu schwierig ist, werden die Kinder überfordert sein, wenn du es zu leicht gestaltest, werden sie sich langweilen.
- du ein Ziel vor Augen hast; d.h. dass du weißt, was dein pädagogisches Handeln bezwecken soll, wobei und wie du deine WiWö beim Heranwachsen unterstützen kannst.
Beide Punkte kannst du gut berücksichtigen, wenn du mit der Pfadfinder*innenmethode und dem Erprobungssystem arbeitest und dein Programm ganzheitlich planst.
Für beide Punkte ist aber auch die Entwicklungspsychologie eine Hilfe. Sie hilft dir dabei, wenn es um das durchschnittliche Kinderverhalten geht und auch wenn du jedes einzelne deiner WiWö betrachtest. Dafür brauchst du als WiWö-Leiter*in Erkenntnisse über die Entwicklungsschritte:
- Du kannst lernen, auf die Bedürfnisse einzelner WiWö gezielter einzugehen; nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig zu verlangen.
- Du kannst durch Beobachten das Verhalten in der Gemeinschaft besser verstehen.
- Du kannst beim Gespräch mit Erziehungsberechtigten gezielter fragen, wenn du beobachtest, dass ein WiWö auffallend anders als Gleichaltrige ist.
- Du kannst Schwierigkeiten einzelner WiWö besser wahrnehmen, sie besser verstehen und ihnen weiterhelfen.
Bedenke aber bei all diesen Aspekten, dass die Psychologie eine Wissenschaft ist, wir aber nur ehrenamtliche Kinder- und Jugendleiter*innen sind. Übertreibe die Psychologisierung nicht und vor allem ziehe keine voreiligen Schlüsse und vermeide Diagnosen! Wenn du dir bei einer Sache nicht sicher bist, besprich sie mit deinem Leitungsteam, recherchiere und wende dich ruhig auch an Expert*innen wie zum Beispiel Rat auf Draht.
Phasen der Entwicklung[Bearbeiten]
Wir brauchen dir wahrscheinlich nicht erzählen, dass sich deine WiWö von der Überstellung von den Bibern mit 7 Jahren bis zu ihrer Überstellung zu den GuSp stark verändern. Kind sein heißt vor allem Veränderungen durchmachen, sich entwickeln. Wir wollen uns daher erst einmal die Entwicklung eines typischen WiWö im Alter von 7 bis 10 Jahren anschauen. Um das Bild etwas abzurunden, betrachten wir auch die Zeit vor und kurz nach den WiWö. Die Altersangaben dienen allein als Orientierungshilfe und können sich je nach Kind um einiges verschieben.
Kurze Zusammenfassung der Entwicklung des Kindes bis zum Schuleintritt (1. Volksschulklasse)[Bearbeiten]
Ab der Geburt (und eigentlich auch schon vorher) wird das Kind durch seine Familie geprägt. Die ersten starken Bezugspersonen sind die Eltern. Hauptbeschäftigung ist die Befriedigung der Grundbedürfnisse (Schlaf, Hunger, Durst, Sicherheit, Geborgenheit und Liebe). Das Kind entwickelt sich im Schutz der Familie zu einem lebenstüchtigen Menschen. Es erlernt durch Nachahmung die Grundzüge des Sozialverhaltens, lernt Sprechen, Gehen, selbständiges An- und Auskleiden, selbstständig Essen, Körperpflege usw. Es erwirbt Alltagsroutine!
Einige markante Entwicklungsschritte:
1-2 Jahre: das Kind imitiert seine Eltern
2-3 Jahre: es kann einfache Spielregeln einhalten; es kommt zu Trotzphasen
3-4 Jahre: das Kind unterscheidet mein und dein; es kann die Außenwelt von der Familie unterscheiden und begreift, dass es unterschiedliche Spielregeln gibt
4-5 Jahre: es kann mit anderen Freundschaft schließen, Regeln einhalten; das Kind schafft sich eigene Ordnung
5-6 Jahre: es kann in einer Gemeinschaft konstruktiv spielen; viele Warum-Fragen tauchen auf
Das 6-jährige Kind – Schulanfänger*in[Bearbeiten]
In diesem Alter sind die Sinnesorgane eines Kindes vollständig entwickelt. Es kann sich auch sprachlich schon gut ausdrücken. Kinder denken jetzt schon realistisch, sie erobern ihre Welt und lernen durch das, was sie wahrnehmen.
Abstrakte Zusammenhänge sind für sie noch schwer zu erkennen. Spiele müssen deshalb Sinn haben und auf Anhieb funktionieren, sonst werden sie schnell abgelehnt. Gruppenerfahrungen und gesellschaftliche Grenzen können von Kindern in diesem Alter in Form von Rollenspielen nachgespielt und gelernt werden. Sie werden von Gefühlen anderer leicht angesteckt: Gefühle der Eltern – aber auch von anderen Bezugspersonen oder Freund*innen – werden stark nachgeahmt.
Durch den Einstieg in das Schulsystem ist dieses Alter von vielen neuen Einflüssen geprägt:
- die jeweilige Stellung in einer Rangordnung wird vom Kind deutlicher erlebt, während im Kindergarten oft körperliche Größe eine wichtige Rolle spielt, verliert diese mit Schuleintritt an Bedeutung
- neue Bezugspersonen (Pädagog*innen) treten auf, neue Regeln werden aufgestellt
- das Kind erfährt neue Arten von Autorität (Leistung wird verlangt; Ausdauer; Einfügen in eine Klassengemeinschaft)
- die bisher gewohnte Alltagsroutine verändert sich. Dadurch sind Kinder oft aufgewühlt und unruhig. Sie werden manchmal wieder unselbständig, wenn sie der neue gesellschaftliche Kontext überfordert.
Um das Kind nicht durch eine weitere neue Gemeinschaft mit neuen Regeln zu überfordern, nehmen wir keine Schulanfänger*innen bei den WiWö auf.
Frühe reife Kindheit (ca. 7-10 Jahre)[Bearbeiten]
In diesem Alter machen die meisten Kinder die ersten Schritte zur Selbstständigkeit. Die Ich-Bezogenheit tritt zurück. Das Kind hat besseres Verständnis für Probleme und Sorgen anderer. Es beginnt langsam sich ein bisschen von seiner Familie zu lösen. In der Schule, aber auch bei uns in der Heimstunde, hat es die Möglichkeit neue Rollen auszuprobieren. Ab dem 7. Lebensjahr suchen Kinder auch von sich aus die Gemeinschaft von Gleichaltrigen, da sie ihre Interessen mit ihnen teilen wollen. Das einzelne Kind lernt, dass es in der Gemeinschaft stärker ist und bestimmte Ziele besser erreichen kann.
Das Gruppenleben ermöglicht dem Kind die Erfahrung zu machen, dass es andere Kinder gibt, die ihre eigenen Ideen durchsetzen. Es erlebt Situationen, in denen sich selbst durchsetzen kann. Das Kind lernt aber auch andere Ideen anzuerkennen. Außerdem lernt es, mit Streit fertig zu werden und Konflikte verbal zu lösen. Es sucht sich Idole aus sozialen Medien, Computerspielen oder dem Umfeld und will genauso stark und erwachsen sein.
Du als Leiter*in bist sogar etwas mehr als so ein neues Idol. Da sie regelmäßig Zeit mit dir in der Heimstunde verbringen, bist du eine neue Bezugsperson. Sie betrachten dich als Vorbild und hegen anfänglich eine starke gefühlsmäßige Bindung zu dir. Mit der Zeit weicht diese Beziehung aber einer sachlicheren Einstellung.
Ein Kind in diesem Alter vergleicht durch seine Kontakte zu anderen Kindern das Verhältnis zu seinen Eltern und beginnt die Ansprüche eben dieser in Frage zu stellen. Kinder, die zunächst von Erwachsenen abhängig sind, werden zunehmend selbstständiger. Starre Regeln und Gesetze werden für sie veränderbar. Die Kinder werden fähig, Regeln der jeweiligen Situation anzupassen. Sie tun dies allerdings nicht von sich aus, sondern wenn Erwachsene in ihrer Umgebung (und vor allem ihre Bezugspersonen, also auch du!) partnerschaftlich mit ihnen umgehen und ihr Sozialverständnis fördern. Erziehen heißt, zur Selbstständigkeit führen: Das Kind wird fähig, auf eigenen Füßen zu stehen. Dieser Weg führt über die Mitsprache und Mitgestaltung zur freien Entscheidung. Ein langer Weg, der nicht schon bei den WiWö abgeschlossen werden kann, sondern erst bei den RaRo! Aber die ersten Schritte setzen wir und sie sind Voraussetzung für späteres demokratisches Verhalten.
WiWö und andere Kinder in diesem Alter lernen nun auch die Fertigkeiten, die notwendig sind, um Ziele zu erreichen. Sie entwickeln Fleiß und sie lernen einzuschätzen, was sie gut oder weniger gut können. Um dieses Leistungsbewusstsein zu entwickeln, ist Konkurrenz mit anderen nicht unbedingt notwendig, wohl aber die Anerkennung durch andere. Nur so entsteht auch Vertrauen in die eigenen Leistungen. Erst dann werden Zusammenarbeit und ein Gemeinschaftsgefühl möglich. Das einzelne Kind merkt, dass es auf die Hilfe und Anerkennung anderer angewiesen ist und andere Kinder auf seine.
Leistungen, die das Kind jetzt erbringt, setzen sich aus den drei Funktionen Wahrnehmung, Denken und Sprache zusammen. Da es unzählige Erfahrungen gesammelt und im Gedächtnis gespeichert hat, kann es diese Informationen für die Lösung neuer Aufgaben kombinieren. Dadurch wird es fähig, Strategien zu entwickeln und Handlungen zu planen, bevor es sie ausführt. Es kann also zuerst denken, danach handeln und diesen Vorgang mit seiner Sprache beschreiben.
Kinder können jetzt aber auch Lügen gezielt und bewusst einsetzen, um sich vor Misserfolgen zu schützen. Neben der oben beschriebenen Bereitschaft zur Gemeinschaft ist dies ein weiterer Schritt, um sogenanntes politisches Verhalten zu erlernen. Das hat jetzt nichts mit politischen Parteien zu tun, sondern beschreibt die Fähigkeit einer selbstständigen Persönlichkeit sich in der Gesellschaft zurechtzufinden. Dafür ist es nötig, seine eigenen Interessen auszudrücken und zu vertreten sowie Konflikte lösen zu können.
Auch hier ist es deine Aufgabe als WiWö-Leiter*in diesen Prozess (der natürlich nicht bei den WiWö abgeschlossen werden kann, sondern erst viel später) zu unterstützen und zu begleiten. Vermittle deinen WiWö, dass Gewalt und Unterdrückung als Mittel der Auseinandersetzung abzulehnen sind (Friedenserziehung). So kannst du mit deiner Arbeit helfen, Vorurteile abzubauen.
Durch die neue bewusste Erfahrung mit dem eigenen Körper entfaltet ein Kind zwischen acht und neun Jahren mehr und mehr seine Sexualität. Es übt seine Rolle und sein Verhalten in der jeweiligen Geschlechtsidentität ein oder stellt fest, wo sich das eigene Rollenverhalten von einer gesellschaftlichen Erwartungshaltung unterscheidet. Während Mädchen und Buben als 6-7jährige noch miteinander spielen, haben 8-9jährige bereits Hemmungen. In diesem Alter wollen sie sich gegenseitig ihre Weiblichkeit bzw. Männlichkeit beweisen und sie lernen dabei auch geschlechtliche Rollenmuster kennen. Es ist nicht auszuschließen, dass es unter Achtjährigen schon zu ersten Romanzen kommen kann, die aber mit körperlicher Sexualität noch nichts zu tun haben.
Was ist das Besondere an meinen WiWö?[Bearbeiten]
Kinder beobachten neugierig[Bearbeiten]
Für deine WiWö ist vieles neu und damit interessant und entdeckenswert. Sie brennen darauf zu wissen, wie Dinge funktionieren und warum es sie gibt. Ihre Neugierde und ihre Beobachtungsgabe machen die WiWö-Stufe so spannend und bieten einen guten Ansatzpunkt für deine Arbeit. Zugleich mit der schon erwähnten Selbstständigkeit treten auch neue Interessen. In diesem Alter wird Kindern auch das erste Mal die zeitliche Abfolge vieler Dinge bewusst: Sie entwickeln ein Zeitgefühl.
Kinder sind spontan[Bearbeiten]
Für Kinder gilt das Lustprinzip. Sie handeln spontan und bedenken nicht alle Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Hier brauchen sie deine Unterstützung! Mach deinen WiWö die Konsequenzen einer Entscheidung klar und gib ihnen Zeit, in Ruhe eine Entscheidung abzuwägen. Außerdem ist es wichtig darauf zu achten, dass Ergebnisse nicht zu lange auf sich warten lassen. Als Leiter*in musst du einen längeren Prozess in kleine Schritte einteilen, um den Kindern zu zeigen, dass etwas passiert und dass das, was sie machen bzw. entscheiden Konsequenzen hat!
Das bedeutet auch, dass du langfristige Dinge und unüberschaubare Zeitabstände für die WiWö begreifbar machen musst. Wie kannst du ihnen verdeutlichen, wann ein Stern verliehen oder ein Sommerlager stattfinden wird?
Kinder sind emotional[Bearbeiten]
Prinzipiell sind Kinder in diesem Alter seelisch sehr ausgewogen. Das heißt es wirft sie nichts so schnell aus der Bahn. Die Gefühle, die sie empfinden, beeinflussen aber ihre Entscheidungen oft stärker als vernünftige Argumente. WiWö können durchaus schon rational denken. Die Fähigkeit mit allen Sinnen wahrzunehmen und ganzheitlich zu leben, ist bei ihnen aber viel stärker ausgeprägt als bei den meisten Erwachsenen. Zusätzlich sind sie in ihren Emotionen auch noch sehr stark an andere (Bezugspersonen, Freund*innen) gebunden. Das heißt: Es ist nicht nur entscheidend was du zu deinen WiWö sagst und was du mit ihnen unternimmst, sondern viel mehr auch wie du mit ihnen kommunizierst. Lerne von deinen WiWö und zeige auch deine Gefühle.
Kinder brauchen Bewegung[Bearbeiten]
Kinder entwickeln besonders außerhalb der Schule einen großen Bewegungsdrang. Lass also am Anfang einer Heimstunde immer genügend Zeit, damit sich deine WiWö austoben können.
Kinder brauchen Übersichtlichkeit und Struktur[Bearbeiten]
Vieles im Leben deiner WiWö ist kompliziert und unüberschaubar für sie. Sie brauchen Informationen, um Zusammenhänge zu verstehen und klare Regeln, an denen sie sich orientieren können. WiWö profitieren aber auch sehr von Möglichkeiten zur Partizipation in einem für sie überschaubaren Rahmen. Genauso wichtig sind oft klare Zeitvorgaben und passende Sozialformen. Mit deinem Programm bietest du den Kindern Struktur und Orientierung. Dazu gehören zum Beispiel ein geregelter Tagesablauf am Lager, Rituale in der Heimstunde aber auch das Erprobungssystem oder die Rahmengeschichten dazu. Auch du und dein Team spielen eine wichtige Rolle, indem ihr transparent und konsequent mit den WiWö kommuniziert.
Kinder brauchen Zeit[Bearbeiten]
Kinder brauchen viel Zeit zum Nachdenken, weil sie sich Dinge oder Zusammenhänge, die dir selbstverständlich sind, erst verstehen müssen. Biete ihnen ausreichend Möglichkeiten dazu. Bedenke, dass man ihnen das Denken nicht befehlen oder abnehmen kann. Sie müssen diese Schritte selbst gehen. Du kannst ihnen nur die besten Rahmenbedingungen dafür schaffen.
Ein Volk/eine Meute zu einer Gruppe zu machen, in der sich alle wohl fühlen und fair miteinander umgehen ist eine herausfordernde Aufgabe. Oft sind dabei Schritte, die dir klein vorkommen, in Wirklichkeit ganz groß.
Kinder sprühen vor Fantasie[Bearbeiten]
Kinder können sich vollkommen in ihre wundersame Fantasiewelt vertiefen. Sie spielen dann nicht bestimmte Figuren (Ritter, Steinzeitmensch, Schlange Kaa, ein Farnbilbenwichtel, ...), sie sind diese Figuren – auch wenn sie sehr wohl wissen, dass das Erfundene nicht Wirklichkeit ist. Bei den WiWö gibt es daher die Methode Rahmengeschichte (Dschungel und Waldenland). Damit es möglich, dass die Kinder immer wieder in eine vertraute Fantasiewelt eintauchen. Auch eigene Spielgeschichten können viele dieser Vorteile bieten. Wichtig ist, dass diese für die Kinder ansprechend sind und in einer fantasievollen Umgebung spielen. Dabei stellst du keine Scheinwelt als Realität vor. Du bietest den WiWö aber kindgerechte Vorbilder für Verhaltensmuster und Gesellschaftsmodelle, die sie leichter verstehen können als theoretische Lebenskonzepte und Ideale.
Entwicklungsaufgaben in der WiWö-Stufe[Bearbeiten]
Wie von allen Menschen werden auch von Kindern biologische, kulturelle oder gesellschaftliche Veränderungen bzw. Entwicklungen erwartet. Diese Veränderungen wurden wissenschaftlich beschrieben und zu sogenannten Entwicklungsaufgaben zusammengefasst.
Die Bearbeitung der Entwicklungsaufgaben ist ein sehr individueller Prozess, den jedes Kind unterschiedlich wahrnimmt und erlebt. Die Wissenschaft legt einen ungefähren Zeitraum fest, in welchem die Aufgaben üblicherweise bearbeitet werden. Gesellschaftlich auferlegte Entwicklungsaufgaben zu bearbeiten bedeutet, dass sich die Kinder verschiedene Kompetenzen aneignen. Konkret sind das Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen. So üben sie schrittweise, gelungene zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen. Sie entwickeln individuelle Antworten auf die Herausforderungen des Kindseins.
Bei den WiWö geben wir den Kindern einen Rahmen vor, in dem sie die Entwicklungsaufgaben bearbeiten können. Wir unterstützen sie also dabei, dass sie konkrete Aufgaben- oder Problemstellungen bearbeiten können, indem wir Lernfelder schaffen.
Welche Einflüsse bestimmen den Charakter des Kindes?[Bearbeiten]
Jetzt wissen wir, welche Veränderungen unsere WiWö in ihrer Zeit bei uns durchmachen. Bevor wir uns den Fähigkeiten und Problemen einzelner Kinder zuwenden, schauen wir uns noch einen speziellen Bereich an: Unter welchen Einflüssen stehen Kinder heute?
Das Verhalten jedes Kindes ergibt sich aus seinen Erbanlagen und aus der Summe seiner bisherigen Erfahrungen. Dabei ist die Familie bis zum 6. Lebensjahr natürlich der wichtigste Bezugspunkt für ein Kind. Vieles lässt sich leicht erklären, wenn du als Leiter*in die familiäre Situation eines Kindes kennst. Daneben spielt die schulische Umgebung deiner WiWö eine große Rolle. Hat ein Kind Kindergarten- oder Vorschulerfahrung? Welchen Schultyp (Integrationsklassen, Montessori-Pädagogik) besucht es? Wie groß ist die Klasse?
In den letzten Jahren hat sich die Familienstruktur sehr stark verändert. Ein-Kind-Familien sind eher die Regel, es wird immer früher mehr erwachsenes Verhalten erwartet. Die Kind-Eltern-Beziehung ist partnerschaftlicher geworden, mehr und mehr Kinder werden von nur einem Elternteil erzogen. Hinzu kommt der Leistungsdruck durch höhere schulische Belastung und zunehmende Verpflichtungen in der Freizeit. Untersuchungen haben ergeben, dass rund 80% aller Kinder im WiWö-Alter in einem Verein oder einer Gruppe aktiv sind.
Auch das Verhalten der Kinder hat sich in den letzten Jahren verändert. Die Kinder sind größere Gruppen oft nicht mehr gewohnt, weil - mit Ausnahme der Schulklasse – oft nur zu zweit oder zu dritt gespielt wird. Viele Kinder verbringen ihre Nachmittage allein. So bieten oft nur Betreuungseinrichtungen oder Vereine eine Chance für Gruppenaktivitäten.
Für dich als WiWö-Leiter*in ist es daher wichtig, die Lebenssituation deiner WiWö zu kennen und dich mit ihren Lebensbedingungen auseinander zu setzen. Mit diesem Wissen kannst du dein Programm so gestalten, dass ihre Bedürfnisse berücksichtigt werden.
Vergiss bitte nie bei der Arbeit mit deinen WiWö, dass dir von den Kindern zuerst uneingeschränktes Vertrauen entgegengebracht wird.
Missbrauche dieses Vertrauen niemals – sorge für ihre Sicherheit, solange sie in deiner Verantwortung sind und nimm die Sorgen und Wünsche deiner WiWö ernst, auch wenn dir etwas lächerlich vorkommt. Versuche ihre Stärken zu fördern und gemeinsam mit ihnen an ihren Schwächen zu arbeiten. Dann werden sie gerne zu dir kommen und dich ernst nehmen. So kannst du wertvolle Kinder- bzw. Jugendarbeit leisten.
Wie Kinder lernen[Bearbeiten]
Da wir die Beschäftigung mit Kindern und Jugendlichen bei den PPÖ nicht nur als Freizeitgestaltung betrachten, sondern auch ein pädagogisches Konzept verfolgen, wollen wir uns kurz auch anschauen, wie Kinder lernen.
Die Situationen in denen Kinder lernen lassen sich in drei Ebenen einteilen:
Bei der Wissenserweiterung lernen die Kinder vor allem dadurch, dass du ihnen neues Wissen im Rahmen deines Programms vermittelst.
Lernfelder[Bearbeiten]
Aus den Entwicklungsaufgaben leiten sich Lernfelder ab, mit denen du deinen WiWö die Gelegenheit gibst, sich Wissen und Fertigkeiten zu erarbeiten: WiWö lernen im Sinn von Wissenserweiterung – du erzählst ihnen sicher viel über so manches Tier, Blumen und Bäume, oder wer z.B. BiPi war. WiWö lernen während eurer gemeinsamen Aktivitäten aber auch viele Fertigkeiten: Schau dir das Erprobungssystem an und du wirst viele solche Lerninhalte entdecken (Knoten knüpfen, Orientierung, die eigenen Sachen in Ordnung halten, ...). Dazu gehören auch kreative Fähigkeiten wie Zeichnen, Malen, Formen oder Lieder singen. Darüber hinaus gibt es eine dritte Lernebene, die bei deiner Arbeit mit WiWö abgedeckt wird: Das sogenannte soziale Lernen. Das meint, dass Kinder in diesem den Umgang mit anderen Menschen lernen. Wenn du nochmals das Erprobungssystem zur Hand nimmst, findest du sicher auch Punkte, die eindeutig diesem Lernfeld zu zuordnen sind (z.B.: „Ich habe jemanden eine Zeit lang unterstützt“).
Lerntypen[Bearbeiten]
Neben diesen unterschiedlichen Ebenen, auf denen Kinder bei den WiWö lernen, gibt es auch unterschiedliche Arten, wie jedes einzelne Kind lernt. Man spricht hier von unterschiedlichen Lerntypen. Du kennst das vielleicht noch aus deiner eigenen Schulzeit: Manche lernen besonders leicht, wenn sie sich einen Text bunt gestalten (unterstreichen, Textmarker). Andere bevorzugen es, wenn sie mit Kolleg*innen über den Stoff reden können, wieder andere merken sich Grafiken und Bilder ganz besonders gut. Schließlich gibt es welche, die müssen alles tun, um etwas zu verstehen.
Wenn du allen WiWö was beibringen und alle Kinder anzusprechen willst, musst du möglichst vielfältige Methoden verwenden. Zum Glück kommt es bei den Pfadis nur sehr selten vor, dass Wissen rein über Texte vermittelt wird – denn über diese Lernform wird eben nur einem Teil der Kinder die Möglichkeit gegeben, auch wirklich was zu lernen.
Drei grundsätzliche Lerntypen können unterschieden werden:
- Der visuelle Lerntyp erreicht die besten Lernerfolge durch Beobachten, Lesen oder Anschauen. Verstärke also das Gesagte durch Bilder und sorge dafür, dass dich alle Kinder gut sehen, wenn du etwas vorzeigst.
- Der auditive Lerntyp lernt am besten durch Gesprochenes. Diese Kinder lernen also durch Zuhören. Beschreibe daher für diesen Lerntyp deine Handlungen strukturiert und genau, während du etwas vorzeigst und sorge dafür, dass du klar und verständlich sprichst.
- Der praktische Lerntyp schließlich muss Dinge ausprobieren um zu lernen. Diese Kinder üben gern solange, bis sie es verstanden haben. Sorge also für diese Kinder für genug Zeit und auch das Material um praktisch zu arbeiten.
Es ist natürlich unwahrscheinlich, dass ein WiWö nur auf eine bestimmte Art lernt. Üblicherweise kommen alle drei Lerntypen in unterschiedlicher Gewichtung in Menschen vor. Manchmal hat sogar die aktuelle Situation oder auch nur die Tagesverfassung darauf Einfluss, wie wir am leichtesten lernen.
Bezüge herstellen
Kinder im WiWö-Alter haben noch kein ausgeprägtes abstraktes Denken. Sie können mit trockenen Begriffen (Freundschaft, Gesetz, Vertrauen, ...) nichts - oder nicht viel - anfangen. Es ist nicht zielführend, Worte oder Begriffe zu vermitteln, weil die Kinder deren Inhalt nicht verstehen können. Erkläre zuerst die Sache und dann die Bezeichnung dafür. Eine große Hilfe dabei ist die Fähigkeit von Kindern, sich in Geschichten hinein zu versetzen. Verwende daher eine passende (Rahmen ) Geschichte, in der genau diese komplizierten Dinge vorkommen, um sie deinen WiWö begreiflich zu machen. Erzähl die Geschichte nicht nur, sondern spielt sie, malt sie oder formt etwas oder so werden selbst abstrakte Werte, über die Philosophen dicke Bücher geschrieben haben, für deine WiWö begreifbar.
Tipps zu Lernen mit den WiWö
Kinder sind ganz wild darauf, etwas zu lernen. Du musst dabei nur auf ihre Bedürfnisse achten. Hier ein paar Tipps, wie du deine WiWö begeistert zum Lernen bringst:
Kinder mögen gern …
- wenn möglichst viele Sinne angesprochen werden
- wenn sie ernst genommen werden
- wenn ihnen Achtung, Verständnis und Offenheit entgegengebracht werden
- wenn sie sich aktiv beteiligen und ausprobieren können
- wenn sie motiviert werden
- wenn sie sich in eine Geschichte hineinversetzen können
Zurück zum Anfang dieses Abschnitts: Da haben wir kurz die Lernfelder von WiWö erwähnt. Auf das soziale Lernfeld – also das Lernen des Umganges mit meinen Mitmenschen – kommen wir nochmal kurz zurück. Soziales Lernen passiert ständig - und du kannst es beeinflussen so lange du mit deinen WiWö zusammen bist. Aber dazu mehr im nächsten Abschnitt!