Der Wettbewerb - die spielerische Standortbestimmung (GuSp)
Die Methode
Bei einem Wettbewerb wird die beste Leistung (Antwort, Lösung, etc.) der Guides und Späher gesucht. Die Teilnehmenden – einzelne Kinder oder Gruppen von Kindern/Patrullen – messen sich miteinander an der Lösung der gestellten Aufgabe.
Merkmale eines Wettbewerbs[Bearbeiten]
Aufgabenstellung/Ziel: Der Kern jedes Wettbewerbs ist seine Aufgabenstellung. Diese ist üblicherweise von Beginn an bekannt; die Teilnehmenden wissen, welches Ziel zu erreichen ist. Der Lösungsweg kann bekannt sein, möglicherweise ist er aber erst während der Durchführung zu entdecken. Ein klares Ziel stärkt die Motivation der Teilnehmenden – das kann unattraktive Aufgaben spannender machen.
Messbare und vergleichbare Ergebnisse: Die Ergebnisse der unterschiedlichen Gruppen sind typischerweise messbar und vergleichbar. Es ist objektiv (zumindest jedoch subjektiv) feststellbar, ob das Ziel erreicht wurde und welche Zielerreichung die beste war. Dies kann über die benötigte Zeit, die Qualität des Ergebnisses (messbar etwa durch eine Jury) oder die Quantität der Lösung (z. B. die Anzahl der erreichten Punkte) bewertet sein.
Formen: Der Wettbewerb kann zwischen Einzelpersonen stattfinden oder zwischen mehreren Gruppen (etwa Patrullen). Der Wettbewerb kann aber auch gegen ein „System“ stattfinden, wodurch sich oft eine Nähe zur Methode „Abenteuer“ ergibt. Gegner ist dann (offen oder verdeckt durch eine Spielgeschichte) das Leitungsteam.
(K)eine Rahmengeschichte: Wettbewerbe können eine Rahmengeschichte haben, manche kommen aber auch ohne aus (z. B. rein sportliche Aufgaben). Je nach Rahmen setzt sich der Wettbewerb aus mehreren kleinen Aufgaben zusammen oder hat von vornherein eine große Aufgabenstellung.
Gewinner*innen: Die Bewertung der Lösung führt zu einem oder mehreren GewinnerInnen. Gleichzeitig entstehen dadurch auch „VerliererInnen“. Beide gilt es zu betreuen!
Anerkennung aller Leistungen: Um die Motivation aller Teilnehmenden – auch der „VerliererInnen“ – zu erhalten, werden alle Leistungen anerkennend gewürdigt.
Reflexion: Die Reflexion hilft den Teilnehmenden, sich etwas vom Wettbewerb „mitzunehmen“. Beispielsweise Lernschritte zu setzen, die Leistung zu verbessern, besser als Patrulle zusammenzuarbeiten, etc. Hierbei ist wichtig, sowohl die GewinnerInnen als auch die VerliererInnen zu betreuen.
Die Planung eines Wettbewerbs[Bearbeiten]
Kern jedes Wettbewerbs ist die inhaltlich zu lösende Aufgabe. Bei Beachtung einiger wichtiger Punkte kann den Risiken der Methode entgegengewirkt werden:
Inhaltliche Abwechslung: Die Wettbewerbe sollen unterschiedliche Fähigkeiten fordern und fördern, entweder durch Aufgaben unterschiedlicher Art während eines Bewerbes oder durch wechselnde Bewerbe in Folge. Mal ist Pfaditechnik notwendig, dann Teamwork, mal sportliche Leistungsfähigkeit, dann wieder Soft Skills. Die Aufgaben sollen unterschiedliche Persönlichkeiten gleichermaßen ansprechen und allen Teilnehmenden die Möglichkeit geben, ihre Fähigkeiten zu messen.
Genderneutrale Aufgabenstellungen: Guides und Späher haben hinsichtlich Wettbewerbe unterschiedliche Bedürfnisse. Während Späher eher gerne ihre Fähigkeiten mit anderen messen, scheuen Guides eher offene Wettbewerbe. Ein Mittel, um trotzdem gemeinsam gelungene Wettbewerbe umsetzen zu können, ist die Wahl von Aufgabenstellungen, die beide Geschlechter gleichermaßen ansprechen. Geeignete Aufgaben sind oft solche, die den Teamgeist, Soft Skills oder die emotionale Intelligenz fordern.
Faire, nachvollziehbare Bewertung: Bei jedem Wettbewerb gibt es GewinnerInnen und VerliererInnen. Natürlich will kein Kind / keine teilnehmende Patrulle gerne die letzten Plätze belegen – das Akzeptieren dessen wird allerdings durch eine faire und objektive Bewertung erleichtert. Wenn die Teilnehmenden erkennen, warum sie verloren haben und eine Chance zur Verbesserung beim nächsten Antreten sehen, kann dies auch ein Motivationsschub sein. Faire Richtlinien zu erstellen sollte daher viel Platz in der Planung eingeräumt werden. Es bedarf genauer Regeln sowie fairer und aufmerksamer Schiedsrichter während des Bewerbes.
Chancengleichheit: Die Aufgabenstellung muss die Chancengleichheit gewährleisten. Alle Teilnehmenden sollten die Chance haben, den Bewerb zu gewinnen. Hierbei sind etwa die Patrullengröße, das (unterschiedliche) Alter der Teilnehmenden, ihre Vorkenntnisse und der Gender-Aspekt zu beachten. Ausgeglichenheit kann unter anderem durch eine Kombination unterschiedlicher Aufgabentypen erreicht werden.
Einstieg[Bearbeiten]
Beim Einstieg werden die Teilnehmenden in den Wettbewerb eingeführt. Neben der Motivation zu Höchstleistungen kann dabei auch eine etwaige Rahmengeschichte präsentiert oder weitergeführt werden. Wichtigstes Element ist aber, die Teilnehmenden mit den Regeln des Wettbewerbs vertraut zu machen. Welche Stationen gibt es, wo befinden sich diese; müssen die Stationen in einer bestimmten Reihenfolge angelaufen werden; können Stationen wiederholt werden, um mehr Punkte zu erlangen; wie lange wird der Wettbewerb dauern; wie sieht die Bewertung aus, etc. Die Teilnehmenden sollten sich ein klares Bild von den Regeln machen können, um eigenständige Entscheidungen treffen zu können.
Kombination mit anderen Methoden[Bearbeiten]
Ein Wettbewerb kann mit einer Vielzahl anderer Methoden kombiniert werden, beispielsweise Patrullenrat, Abenteuer oder Patrullenaktion. Der Wettbewerb kann ein Element eines Abenteuers sein, wenn eine der Aufgaben während des Abenteuers als Bewerb zwischen den Patrullen durchgeführt wird. Ein Patrullenrat kann vor Durchführung des Bewerbes abgehalten werden, damit die Patrulle die gemeinsame Lösungsstrategie festlegt. Eine Wettbewerbssituation, die frei und kreativ von der gesamten Patrulle bewältigt werden kann, ist gleichzeitig eine Patrullenaktion.
Ausstieg aus dem Wettbewerb[Bearbeiten]
Ein wichtiger Aspekt ist der Abschluss und der Ausstieg aus dem Wettbewerb. Hier soll der Fokus nicht nur auf einer „Siegerehrung“ liegen. Der Ausstieg bietet die Möglichkeit, durch gemeinsame Aktivitäten aller Teilnehmenden die Wettbewerbssituation aufzulösen und für alle versöhnlich abzuschließen. Dies kann etwa durch eine kooperativ gelöste Aufgabe geschehen oder auch durch ein gemeinsames Fest der Teilnehmenden. Die Sieger des Wettbewerbs sollen natürlich gewürdigt werden, allerdings darf dies nicht zur Überheblichkeit der Siegergruppe führen. Ebenso ist eine angemessene Betreuung der übrigen Teilnehmenden – insbesondere der „VerliererInnen“ - hilfreich, um Enttäuschungen und Demotivation vorzubeugen. Den Teilnehmenden kann etwa eine Bewertung zur Verfügung gestellt werden: Wie viele Punkte wurden bei den Stationen jeweils erreicht und warum. Diese erklärt das Ergebnis und hilft, Möglichkeiten zur Verbesserung aufzudecken.
Beispiele für die Praxis[Bearbeiten]
Wettbewerbe können in vielfältiger Form durchgeführt werden. Die Palette reicht von kurzen Aufgabenstellungen in einer Heimstunde über Lagerolympiaden bis hin zu Regional- oder Landeswettbewerben. Diese unterscheiden sich natürlich hinsichtlich des notwendigen Rahmens, des Vorbereitungsaufwandes und der Durchführungsdauer.
- Sportliche Wettbewerbe (Sportolympiaden): Praktisch jede Sportart kann als Wettbewerb benutzt werden: Wer läuft schneller, schießt mehr Tore, trifft genauer?
- Pfaditechnik-Wettbewerb: Bewerbe zu den Themen der Pfaditechnik: Feuer machen, Knoten knüpfen, Geheimschrift lösen; dabei sollte Pfaditechnik im weiteren Sinne verstanden werden und die Auswahl der Aufgaben alle Schwerpunkte umfassen!
- Patrullenwettbewerb: Besonders während eines Lagers können Patrullenwettbewerbe die Motivation der Teilnehmenden erhöhen. Unterschiedliche Aspekte des Lagerlebens werden (möglichst objektiv) bewertet. Auch hier auf Chancengleichheit achten!
- Spiele mit Wettbewerbscharakter: Viele Spiele basieren auf einem Wettbewerbsgedanken, etwa Staffelläufe oder zahlreiche Geländespiele.
- Orientierungsläufe: Diese eignen sich zur Kombination unterschiedlicher Aufgaben.
Weitere Tipps für die Gestaltung von Wettbewerben
- Selbst-Einschätzung: Die Patrulle schätzt vor der Lösung ein, wie gut sie abschneiden wird. Dies ermöglicht Erfolgserlebnisse unabhängig vom Ergebnis der anderen Teilnehmenden (ähnlich einer Läuferin, die ihre Streckenzeit verbessert, unabhängig ihrer Platzierung im Rennen).
- Handicaps: Handicaps können von LeiterInnen oder von den Teilnehmenden gesetzt werden, um Leistungen vergleichbarer zu machen.
- Kombinationen: Kombinationen mehrerer andersartiger Aufgabenstellungen erhöhen die Ausgewogenheit und schaffen somit nicht nur inhaltliche Abwechslung, sondern auch Chancengleichheit für Teilnehmende mit unterschiedlichen Fähigkeiten.
Der pädagogische Hintergrund[Bearbeiten]
Der Wettbewerb als Methode kann – richtig angewendet – für mehrere Entwicklungsaufgaben Gelegenheiten schaffen, diese zu bearbeiten. -> Grünton: Die Entwicklungsaufgaben und Methoden der GuSp-StufeSiehe auch Kapitel "Die Entwicklungsaufgaben und Methoden der GuSp-Stufe (GuSp)"
Insbesondere werden für zwei Entwicklungsaufgaben Lernfelder zur Verfügung gestellt:
- Erkennen, nutzen und erweitern eigener Fähigkeiten und Interessen.
- Die Guides und Späher können sich messen und vergleichen. Sie bestimmen ihren Standort und erkennen, was sie gut können und was ihnen Spaß macht. Hier kann das Schritt für Schritt mit seinen Herausforderungen anknüpfen.
- Stellen sich ihren individuellen geistigen und körperlichen Herausforderungen, schrittweise lernen sie mit diesen Herausforderungen verantwortungsvoll umzugehen, um ihre eigenen Grenzen zu erweitern ohne sich oder andere zu gefährden.
- Die Guides und Späher lernen sich auf eine herausfordernde Situation einzulassen, wobei das Risiko eines Wettbewerbes vor allem darin besteht, zu verlieren. Im Wettbewerb erleben die jungen Jugendlichen Erfolge und Niederlagen. Sie lernen, mit eigenen und fremden (!) Niederlagen umzugehen, sie erleben Leistungsdruck und erhöhen ihre Frustrationstoleranz. Gleichzeitig lernen sie, als GewinnerInnen nicht überheblich zu sein und die Schlechteren dadurch nicht zu demotivieren bzw. zu beschämen, sondern ihnen wertschätzend zu begegnen.
Nichtsdestotrotz bleibt der Wettbewerb eine der ambivalentesten GuSp-Methoden. Jeder Wettbewerb beinhaltet ein destruktives Moment, das es zu beherrschen gilt (Stichwort: Wettkampf). Wichtig zur Verhinderung negativer Aspekte der Methode sind unter anderem die ausgewogene, chancengleiche Aufgabenstellung, die faire, objektive Bewertung und Würdigung der Leistungen und die Nachbetreuung aller Teilnehmenden im Rahmen der Reflexion.
Wettbewerbe bieten Chancen…
- Wettbewerbe eröffnen Lernfelder: Insbesondere im Bereich der oben genannten Entwicklungsaufgaben (Fähigkeiten austesten und Umgang mit Risiken, Erfolg und Niederlage).
- Wettbewerbe fördern Fairness: Sie lehren die Kids, gute Gewinner/innen bzw. gute Verlierer/innen zu sein. Sie zeigen auf, wie in kontrolliertem Rahmen Leistungen verglichen werden können, mit dem Ziel, diese zu verbessern.
- Wettbewerbe evaluieren und stärken die Patrullen: Wie arbeiten wir zusammen, wie koordinieren wir uns, wie gut inkludieren wir alle unsere Mitglieder?
…und bergen Risiken
- Die Gefahr, dass immer die gleiche Person/Patrulle gewinnt.
- Chancengleiche Aufgabenstellungen
- Die Überheblichkeit der Sieger/innen, Demotivation der Verlierer*innen.
- Reflexion, Nachbetreuung von Sieger/innen und Verlierer/innen, Chancengleichheit.
- Zu starke Abgrenzung der Patrulle bis hin zur Rivalität, Außenfeind („wir gegen…“)
- Reflexion; Kombination mit Abenteuer.
- Oft starke Fokussierung auf „männliche“ Eigenschaften.
- Berücksichtigung der Gender-Aspekte; Ausgewogenheit, Chancengleichheit.
- Ungerechtes Behandeln von Leistungen
- Möglichst objektiv bewertbare, einfache und verständliche Aufgabenstellungen.
- Belastung des sozialen Systems Patrulle, Ausgrenzung „schlechter“ Mitglieder
- Reflexion, inkludierende Aufgabenstellungen, welche die unterschiedlichen Fähigkeiten aller Patrullenmitglieder fordern.
Richtig eingesetzt, ist der Wettbewerb für die Guides und Späher altersgemäß und wird von diesen gerne angenommen.
Weiterführendes[Bearbeiten]
Abgrenzung Abenteuer zu Wettbewerb[Bearbeiten]
Ein Wettbewerb kann Bestandteil eines Abenteuers sein. Grundsätzlicher Unterschied ist: Im Wettbewerb gewinnt die beste Leistung: „Wir arbeiten gegen etwas bzw. die anderen“. Im Abenteuer hingegen wird durch eine gemeinsame Leistung aller Patrullen das Ziel erreicht: „Wir arbeiten gemeinsam für etwas“.
Schritt für Schritt[Bearbeiten]
Im Rahmen des Schritt für Schritt lernen die Guides und Späher, dass die Fähigkeiten und Interessen der Kinder unterschiedlich sind und es dementsprechend unterschiedliche Herausforderungen gibt. Dies soll auch bei der Reflexion einer Wettbewerbssituation deutlich werden – jede Patrulle, jedes Kind ist „anders“, und das ist auch gut so. Die Reflexion kann zu neuen Herausforderungen im Schritt für Schritt führen.
-> Grünton: Das Abenteuer – das Leben mit anderen Augen sehenSiehe auch Kapitel "Das Abenteuer – das Leben mit anderen Augen sehen (GuSp)"
Weiterführende Informationen zum Thema Abenteuer[Bearbeiten]
Internet PIK8 Kooperative Abenteuerspiele
Bücher
Kinder wollen Abenteuer – Ein Behelf zur Gestaltung von Abenteuern für Kinder- und Jugendliche, Katholische Jungschar Diözese Linz & OÖ Pfadfinder und Pfadfinderinnen, 1996
Abenteuer leiten – in Abenteuern lernen: Methodenset zur Planung und Leitung kooperativer Lerngemeinschaften für Training und Teamentwicklung in Schule, Jugendarbeit und Betrieb, Tom Senninger, Ökotopia Verlag Münster, 2000
Kooperative Abenteuerspiele, Bd.1 - Eine Praxishilfe für Schule, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung, Rüdiger Gilsdorf, Kallmeyer, 1995
Kooperative Abenteuerspiele, Bd.2 - Eine Praxishilfe für Schule, Jugendarbeit und Erwachsenenbildung, Rüdiger Gilsdorf, Kallmeyer, 2000
Praktische Erlebnispädagogik 1 - Bewährte Sammlung motivierender Interaktionsspiele, Anette Reiners, Ziel, 2007