Selbstreflexion: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 22. September 2022, 12:13 Uhr
Definition
Der Begriff Selbstreflexion kommt ursprünglich aus der Philosophie und bezeichnet das Nachdenken über sich selbst. Damit ist aber keine übertriebene Beschäftigung mit der eigenen Person, sondern ein kritisches, forschendes Nachdenken gemeint. Mittels Selbstreflexion nähern wir uns den Antworten auf so bestimmende Fragen wie: "Wer bin ich? Was will ich? Was kann ich?" Auch wenn diese Fragen nie letztgültig beantwortet werden können, so hilft uns die Selbstreflexion dabei, einen selbst bestimmten Weg für unser Leben und unseren Platz in der Gesellschaft zu finden.
Pädagogische Bedeutung[Bearbeiten]
In der Pädagogik wird (Selbst-)Reflexion als essenzieller Bestandteil des Lernens betrachtet. Bestimmt ist dir schon einmal der Begriff Learning by DoingSiehe auch Kapitel "Learning by Doing" untergekommen. Eigentlich könnte es genau so gut "Learning by Thinking" heißen. Denn in der Idee des Learning by Doings ist das Lernen ganz eng mit der Selbstreflexion verknüpft: Indem wir über das, was wir tun, nachdenken, gewinnen wir neue Erkenntnisse über uns selbst. Wir erforschen unsere Motivation, unsere Gefühle, Ansichten und Wahrnehmungen. Manchmal entdecken wir Verbesserungsmöglichkeiten, manchmal finden wir die Bestätigung, dass wir unsere Sache gut gemacht haben. Selbstreflexion trägt so zu Selbsterkenntnis und einem gesunden Selbstwertgefühl bei. Sie unterstützt uns dabei, Problemlösungen zu entwickeln und Entwicklungskrisen zu meistern. Wie alle Kompetenzen kann Selbstreflexion trainiert werden.
Methoden[Bearbeiten]
Du kannst deine eigene Selbstreflexion und die der Kinder und Jugendlichen auf sehr viele verschiedene Arten fördern. Eine kleine Auswahl an Methoden findest du hier. Bevor du eine Methode mit deinen Kindern und Jugendlichen durchführst, solltest du sie unbedingt selbst ausprobieren. So kannst du besser nachvollziehen, was die Kinder und Jugendlichen erleben, und kannst auch leichter abwägen, welche Methode für deine Gruppe gerade am besten geeignet ist.
Tagebuch[Bearbeiten]
Das Tagebuch ist ein bewährtes Mittel zur Selbstreflexion: Die ersten Tagebücher wurden bereits in der Antike geführt. Alles, was du dafür brauchst, ist ein bisschen Zeit für dich an jedem Tag. Am besten gelingt das Tagebuch Schreiben, wenn du dich vom Anspruch auf Vollständigkeit und Perfektion löst. Sommerlager, Survivals und andere besondere Unternehmungen mit der Gruppe sind eine gute Gelegenheit, die Kinder und Jugendlichen zum Tagebuch Schreiben "auf Zeit" anzuregen.
Brief an mich[Bearbeiten]
Der "Brief an mich" ist eine schöne Methode, um die Selbstreflexion gleich zu zwei verschiedenen Zeitpunkten zu fördern: Beim Schreiben und beim späteren Lesen. Alles, was du für die Umsetzung brauchst, sind Papier, Kuverts, Briefmarken, Stifte und natürlich auch ein Thema, das sich aus deinem Ziel ergibt (mehr darüber, wie du Ziele festlegst, erfährst du im Kapitel "Zielorientiertes Arbeiten".
Und so geht's: Die Kinder und Jugendlichen schreiben den Brief selbst, adressieren und frankieren ihn. Nach einiger Zeit - einem Monat, einem halben Jahr - sendest du ihnen den Brief wieder zu. So ein Brief von uns an uns selbst ist nicht nur eine nette Überraschung, sondern gibt uns auch einen Einblick in unsere Gedankenwelt zu einem bestimmten Zeitpunkt. Du kannst den "Brief an mich" als Erinnerungsstütze einsetzen, um Gelerntes zu verfestigen, um Erwartungen auszuformulieren oder zur Aufmunterung - die Einsatzmöglichkeiten sind beinahe endlos. Wie wär's zum Beispiel mal mit einem Brief zum Jahresabschluss über die Erwartungen für das nächste Pfadijahr? Wenn der Brief nach den Sommerferien eintrudelt, sorgt das bestimmt für ein paar Aha-Erlebnisse.
Impulsfragen[Bearbeiten]
Impulsfragen unterstützen die Selbstreflexion, indem sie die Aufmerksamkeit auf das eigene Erleben und Verhalten lenken. Geeignete typische Fragen sind zum Beispiel: "Was habe ich heute gelernt? Was hat mich heute zum Lachen gebracht? Wie geht es mir gerade? Was kann ich morgen besser machen? Wofür bin ich dankbar? Was kann ich heute tun, um anderen ein gutes Gefühl zu geben?"
Diese Methode lässt sich praktisch überall anwenden - eine schöne Gelegenheit ist zum Beispiel eine Abendrunde am Sommerlager. Je nachdem, wie die Stimmung in der Gruppe ist, ist es für die Kinder und Jugendlichen oft einfacher, wenn sie ihre Antwort schreiben oder mit einem guten Freund / einer guten Freundin in der Zweiergruppe besprechen können. Besonders Wichtel und Wöflinge und Guides und Späher profitieren beim Schreiben davon, wenn du sie kreativ anregst. Eine sehr gute Fragenauswahl für dich selbst findest du im Kapitel Selbstreflexion im GOLD.
Selbstbild malen[Bearbeiten]
Das Selbstbild ist eine gute Möglichkeit für kreative Selbstreflexion. Dadurch eignet es sich auch schon für jüngere Kinder. Ziel der Übung ist eine Momentaufnahme der eigenen Person und der eigenen Gefühle. Es geht bei dieser Übung nicht darum, ein besonders schönes Bild zu gestalten, sondern sich selbst auszudrücken. Die Gestaltung ist ganz frei - ob Strichmännchen, abstraktes Acrylfarben-Kunstwerk, und so weiter - das Selbstbild ist eine gute Gelegenheit, sich kreativ auszutoben. Die Übung kann erweitert werden, indem zum Beispiel zwei Bilder gemalt werden: Einmal ein Bild, wie du dich jetzt siehst, und einmal ein Idealbild, wie du gerne wärst. Eine weitere Variante des Selbstbilds ist die Lebenskurve: Dabei wird auf ein Blatt Papier die eigene Lebenskurve mit Höhen und Tiefen, mit prägenden Ereignissen, gezeichnet. Diese Methode eignet sich grundsätzlich ab dem Ranger und Rover Alter und kann zum Beispiel sehr gut genutzt werden, um LeiterInnen dabei zu unterstützen, einen klareren Blick auf ihre "Pfadibiographie" zu entwickeln.
Feedback[Bearbeiten]
Systematisches Feedback hilft, die Selbstwahrnehmung zu verbessern und regt zur Selbstreflexion an. Feedback ist ein sehr wichtiges Instrument, deshalb haben wir ihm ein eigenes Kapitel gewidmet.
Wache[Bearbeiten]
Wenn du Ranger und Rover Begleiter*in bist, ist dir diese Methode vielleicht schon begegnet. Mehr Informationen findest du im entsprechenden Stufenbehelf.
Weiterführendes
- GOLD - Handbuch für Gruppenleiter*innen, Kapitel Selbstreflexion
- Hans Aebli: Denken: Denken. Das Ordnen des Tuns, Band 1, Stuttgart (Klett-Cotta) 1980.
- Hans Aebli: Denken: Denken. Das Ordnen des Tuns, Band 2, Stuttgart (Klett-Cotta) 1981.
- Siegfried Greif: Coaching und ergebnisorientierte Selbstreflexion, Göttingen (Hogrefe) 2008.
- Georg Hans Neuweg (Hrsg.): Wissen – Können – Reflexion. Ausgewählte Verhältnisbestimmungen, Innsbruck (Studienverlag) 2000.
- Johann Heinrich Pestalozzi: Sämtliche Schriften, Band 12, Stuttgart (Cotta), 1824.
- Michaela Gläser-Zikuda/Tina Hascher (Hrsg): Lernprozesse dokumentieren, reflektieren und beurteilen. Bad Heilbrunn (Klinkhardt) 2007.
- Helmut Hierdeis: Selbstreflexion als Element pädagogischer Professionalität. Vortrag am Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Innsbruck am 26.10.09. Online: www.uibk.ac.at/iezw/texte/hierdeis.pdf [Stand: 14.01.2016]
- Heinrich Dauber: Selbstreflexion im Zentrum pädagogischer Praxis. In: Heinrich Dauber/Ralf Zwiebel (Hg.), Professionelle Selbstreflexion aus pädagogischer und psychoanalytischer Sicht, Bad Heilbrunn (Klinkhardt) 2006, S. 11-39. [Stand: 14.01.2016]